Installation


Abtastung     |     Installation     |     1990

Der iranische Künstler Shahin Charmi hat sich in den vergangenen Jahren mit dem Medium Video eine neue Möglichkeit der Artikulation erschlossen, die er mit Konsequenz und Überzeugung ausschöpft. Dass er mit seiner Arbeit auch überregionalen Erfolg hat, beweist eine Auszeichnung des Gladbecker Museums, die seine 1988 entstandene Arbeit „Auflösung“ jetzt mit dem Goldenen Plotter prämiert hat. Charmi bezieht mit seiner Kunst Stellung, ist aber dennoch weit entfernt von plakativ-plumper politischer Agitation.
Ein amerikanischer Dokumentarfilm, der den Gang eines Häftlings von der Todeszelle zur Hinrichtung zeigt, diente Charmi als Ausgangsmaterial. Auf sieben Monitoren, zur hohen Säule gestapelt, läuft diese Filmsequenz ab. Brutale Schockwirkung hat Charmi nicht im Sinn, dem Betrachter weist er die Rolle des Schlüssellochguckers zu, der das ungeheuerliche Geschehen nur in einem winzigen Ausschnitt verfolgen kann. So offenbart er die eigentlichen Filmbilde allein in einem schmalen senkrechten Streifen, der langsam und gleichmäßig den Bildschirm abtastet. Auf der weißen Projektionswand neben der Monitorsäule werden riesige aufgelöste Standbilder dieses Films geworfen. Akustisch unterlegt von monotonen elektronischen Klängen, entfaltet sich da vor den Augen ein visuelles Ereignis, das nüchternes Bildmaterial ästhetisch verfremdet, ohne aber seinen Ursprung ganz zu überdecken.
Ein Künstler im Dienste der Menschenrechte? „Die Botschaft steht meinem ästhetischen Anspruch nicht im Wege“, sagt Shahin Charmi.
Maren Kruse, 1990